Generationenübergreifendes Trauma

Ein Blick auf die Weitergabe von Belastungen

Generationenübergreifendes Trauma beschreibt die Übertragung von Traumata von einer Generation zur nächsten. Dies kann sich auf verschiedene Weisen zeigen: emotional, psychologisch oder sogar physiologisch. Die Erkenntnis, dass Trauma nicht nur den Betroffenen selbst betrifft, sondern auch die nachfolgenden Generationen beeinflusst, hat in der psychologischen Forschung und Therapie in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Ursachen und Mechanismen

1. Erfahrungen der ersten Generation

  • Traumatische Erlebnisse wie Krieg, Flucht, Vertreibung, Gewalt oder extreme Verluste können tiefen Spuren in den Betroffenen hinterlassen

  • Diese Traumata beeinflussen das Verhalten, die Gefühle und die Wahrnehmung der Betroffenen.

2. Weitergabe an die nächste Generation

  • Emotionale Weitergabe: Eltern oder Grosseltern, die ein Trauma erlebt haben, können unbewusste Ängste, Schuldgefühle oder Verhaltensmuster auf ihre Kinder übertragen. Beispielsweise durch übermässige Fürsorge, emotionale Distanz oder Übertragung von Schuldgefühlen.

  • Epigenetik: Forschung zeigt, dass Traumata auch auf biologische Ebene Veränderungen in der Genexpression hervorrufen können, die nächste Generation weitergegeben werden.

  • Familiendynamik: Kinder spüren oft unausgesprochene oder übernehmen die unausgesprochene Ängste und Sorgen der Eltern.

3. Auswirkungen auf nachfolgende Generationen:

Die Kinder oder Enkel der Betroffenen können Symptome wie Ängste, Depressionen, Bindungsschwierigkeiten oder ein erhöhtes Stressniveau entwickeln, auch wenn sie die ursprüngliche traumatische Ereignisse nicht selbst erlebt haben.

Bespiele:

  • Kriegstraumata: Kinder und Enkel von Holocaust überlebenden berichten oft von Schuldgefühlen, übermässiger Wachsamkeit oder dem Gefühl, eine “unsichtbare Last” zu tragen.

  • Flucht und Vertreibung: Familien, die während des Zweiten Weltkriegs oder in späteren Konflikten fliehen mussten, geben oft Gefühle von Verlust, Unsicherheit und Angst weiter.

  • Missbrauch oder Gewalt: Traumata durch Missbrauch oder familiäre Gewalt können über Generationen hinweg dysfunktionale Beziehungsmuster fördern.

Behandlung von generationenübergreifendem Trauma

  1. Therapie: Ansätze wie Traumatherapie, systematische Therapie oder Gestalttherapie helfen, die Dynamiken zu erkennen und zu bearbeiten.

  2. Bewusstmachung: Die Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte und das Verstehen der Auswirkungen auf die eigene Psyche können heilend wirken.

  3. Ressourcenstärkung: Methoden wie Resilienztraining oder Autogenes Training helfen Betroffenen, mit Belastungen umzugehen.

Fazit

Generationenübergreifendes Trauma ist ein komplexes Thema, das einfühlsame und differenzierte Ansätze in der psychologischen Beratung erfordert. Es ist wichtig, sowohl die Geschichts- als auch die Beziehungsebene zu betrachten, um den betroffenen Personen zu helfen, ihre Vergangenheit zu verstehen und neue Wege in die Zukunft zu finden. Die Aufarbeitung dieser Themen ist ein bedeutender Schritt in Richtung Heilung und Veränderung.

Dipl. psychologische Beraterin und Trauma Therapeutin

Angelina Tukara

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